In ihrem Ur-Narrativ sind die Indianer gewiss eher Wölfe als Schafe, eher stolze Krieger als alkoholisierte Penner. Soweit, so unstrittig (?). Was sind dann aber die Weißen? Im Ergebnis sind sie Räuber, also auch Wölfe. In ihrem Modus Operandi sind sie allerdings eher Wölfe im Schafspelz. Sie heucheln Freundschaft und christliche Tugenden, aber das ist im Film wie im wahren Leben und wie auch bei uns hier nur vorgeschoben. Der Mensch ist des Menschen Wolf, weil es andere, so genannte natürliche Feinde gar nicht mehr gibt. Der Weiße Mann redet sich selbst ein, ein veredelter, kultivierter, moralisch überlegener Typ zu sein. Das hindert ihn, sich zu seinem Wolfsein zu bekennen. Düster ist, dass ein neueres Narrativ gesponnen wurde, das vom moralisch überlegenen Schaf (bzw. Pseudo-Schaf):Genetisch vorgegen dadurch, dass wir uns ernähren und behaupten müssen. Und weil das alle anderen auch müssen, agieren wir sowohl als Wölfe wie als Schafe - als Täter (Töter) und als Opfer (Beute).Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Systembedingt? Genetisch vorgegeben? Unser Schicksal? Der Mensch ist des Menschen Wolf (kannst du die Wölfe in diesem Bild finden?)? Wo und wann bin ich Wolf, wann Schaf?
Du schreibst am Ende (Zitat) "Düster. Vielleicht viel düsterer, als es auf den ersten Blick scheint." (Zitat Ende), aber meinst damit vielleicht etwas anderes(?).
Wenn man sich so im Daseinskampf behaupten muss, kann es einfacher sein, den stärkeren Konkurrenten in die Täterrolle zu drängen. Das klingt abstrakt. Nehmen wir MeeToo als Beispiel. Traditionell konnten mächtige Männer Frauen zu Opfern machen (Trump: "unfortunately - or fortunately"). Und sie können es noch immer und werden es immer können, solange Frauen (oder umgekehrt, ist nicht sexistisch gemeint) die Opferrolle akzeptieren. Macht ist soziologisch definiert als die Fähigkeit, andere gegen ihren Willen zu etwas zu zwingen. Das müssen wir (im Sinne von Slaughterhouse 5) hinnehmen, weil wir es nicht ändern können. Weil es ein Wolfsinstinkt ist, weil wir als Menschen so sind. Öfter als einen die Opfer glauben machen wollen, hätte es in ihrer Macht gelegen, nicht zum Opfer zu werden. Ohne Konsequenzen? Natürlich nicht, ohne Konsequenzen gibt es nichts.
Selbsterklärte Opfer schaden allen, denn sie spalten die Gesellschaft. Das ist düster.